Rätsel der Wissenschaft

Rätsel der Wissenschaft

Der STANDARD-Podcast über die ungeklärten Fragen der Menschheit

Wie konnte ein NS-Kriegsverbrecher jahrzehntelang in Deutschland untertauchen?

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Die Tage des nationalsozialistischen Regimes waren längst gezählt, als die Rote Armee Ende März 1945 erstmals heutigen österreichischen Boden erreichte. Der mächtigste Nationalsozialist der Steiermark dachte aber nicht ans Aufgeben, im Gegenteil: Er befahl einen Kampf bis zum Ende, ließ Standgerichte gegen "Drückeberger" einrichten und ordnete Hinrichtungen von Regimegegnern an. Sigfried Uiberreither hatte in den vorangegangenen Jahren eine kometenhafte Karriere im NS-Staat hingelegt und eine enorme Machtposition erlangt.

In seiner Position als Gauleiter, später auch Reichsverteidigungskommissar sowie Chef des Volkssturms in der Steiermark, war er in zahlreiche nationalsozialistische Verbrechen verstrickt: Uiberreither hatte die Verfolgung der steirischen Jüdinnen und Juden unterstützt, war maßgeblich mitverantwortlich für die Deportationen von untersteirischen Slowenen, befahl Geiselerschießungen, sprach selbst Todesurteile aus. Und er war für die berüchtigten Todesmärsche mitverantwortlich, bei denen in den letzten Kriegswochen tausende jüdische Zwangsarbeiter unter unfassbar grausamen Bedingungen ins KZ Mauthausen getrieben wurden.

Doch Uiberreither wurde für seine Taten nie belangt – obwohl er noch bis 1984 leben sollte. Dafür musste er nicht einmal nach Südamerika fliehen, wohin sich viele hochrangige NS-Verbrecher nach dem Krieg absetzten. Uiberreither lebte unter falscher Identität mit seiner Familie jahrzehntelang einfach in Deutschland. Wie kann das sein?

Der österreichische Historiker Stefan Karner hat den Fall Uiberreither jahrzehntelang recherchiert und minutiös aufgearbeitet. In seinem neuen Buch Gauleiter Uiberreither. Zwei Leben. Gesucht als Kriegsverbrecher – gelebt in Deutschland deckt Karner detailreich auf, wie Uiberreither der Aufstieg im Nationalsozialismus gelang und wie er nach dem Krieg 37 Jahre lang untertauchen konnte. In der aktuellen Folge des STANDARD-Podcasts Rätsel der Wissenschaft sprechen David Rennert und Tanja Traxler mit Stefan Karner über die Recherchen zum Buch, über Uiberreithers Verbrechen und sein angebliches Verschwinden, über nachlässige Behörden und Nazi-Netzwerke nach dem Krieg.

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