Rätsel der Wissenschaft

Rätsel der Wissenschaft

Der STANDARD-Podcast über die ungeklärten Fragen der Menschheit

Transkript

Zurück zur Episode

00:00:04:

00:00:17: Wir

00:00:33: kommen bei Rätsel der Wissenschaft, dem Standard-Podcast über die großen Fragen der Menschheit.

00:00:38: Ich bin David Renard.

00:00:40: Und ich bin Julia Sieker.

00:00:42: Wir beschäftigen uns jeden zweiten Mittwoch mit den ganz großen und ganz kleinen Mysterien unseres Universums.

00:00:49: Heute wird es bei uns blutrünstig.

00:00:52: Halloween steht vor der Tür und wir sprechen über Vampire.

00:00:56: Und wir gehen der Frage nach, seit wann üben Geschichten über die untoten Bluzauger eigentlich eine solche Faszination aus?

00:01:04: und wer war Graf Dracula wirklich?

00:01:06: Das Jahr ist siebzehn fünfundzwanzig.

00:01:09: Der Ort Kisiljevo.

00:01:12: Ein kleines serbisches Dorf in der Nähe der Donau im Osten des Habsburger Reichs.

00:01:17: Es besteht kaum aus mehr als ein paar einfachen Bauernhäusern, aus Feldern einer Kirche.

00:01:23: Einer der Bewohner stirbt, ein Bauernamens Peter Blagojevic.

00:01:27: Nichts an seinem Tod ist ungewöhnlich, doch schon kurz nach seiner Beerdigung machen grausige Gerüchte die Runde.

00:01:34: Menschen behaupten, der Tote sei ihnen im Traum erschienen, auch seine Frau soll er heimgesucht haben.

00:01:41: Andere sagen, er sei nachts auf den Feldern unterwegs gewesen, lebendig.

00:01:46: Als schließlich auch noch mehrere Dorfbewohner kurz nach solchen angeblichen Begegnungen sterben, bricht Panik aus.

00:01:53: Der Verdacht, Blagojević ist ein Wiedergänger, der nachts seinen Grab verlässt und den Lebenden das Blut aussaugt.

00:02:01: Diese Begegnbarheit beschert uns heuer ein Jubiläum.

00:02:05: Denn im Sommer, siebzehnfünfundzwanzig, also vor dreihundert Jahren, wird erstmals ein Begriff in der Presse erwähnt, der Geschichte schreiben sollte.

00:02:14: Vampiri.

00:02:15: Gedruckt wurde er in einem Bericht des wienerischen Diarium, der später in Wiener Zeitung.

00:02:21: Ja, und dieser Bericht stammt von einem kaiserlichen Beamten vor Ort, der darum gebeten wurde, quasi seinen OK für die Graböffnung zu geben.

00:02:29: Er wollte eigentlich auch erst ablehnen, aber die Dorfbewohnerinnen haben sich nicht beruhigen lassen.

00:02:35: Und so ist er mit einem orthodoxen Priester mitgekommen.

00:02:38: und hat die Leiche selbst gesehen.

00:02:41: Der Leichnamen lag angeblich da, als hätte er sich kaum verändert.

00:02:45: Die Nase ist zwar etwas abgefallen, wie es wörtlich heißt, das stell ich mir auch nicht so angenehm vor, den Anblick.

00:02:52: Aber der Körper roch angeblich nicht verwest.

00:02:55: Die alte Haut hat sich abgeschält und eine neue frische Haut war darunter zu sehen und das wohl wichtigste Detail im Mund sei frisches Blut gewesen.

00:03:05: Dann haben die Leute ihm ein Pflok durchs Herz gerammt und den Körper verbrannt, damit der augenscheinliche Vampir gebannt und zerstört wird.

00:03:14: Der Beamte betont in seinem Bericht dann aber auch, dass er das alles zugelassen hat, weil er befürchtet hat, dass das Dorf sonst im Chaos verslinkt und entschuldigt sich, falls das ein Fehler war.

00:03:26: Eine ziemlich wilde Geschichte.

00:03:28: Aber wenn kaiserliche Beamte zugegen waren, war vielleicht nicht alles von diesen Beobachtungen, Einbildung und Aberglaube.

00:03:35: Und es gibt tatsächlich durchaus Versuche, diesen und andere Vorfälle heute im Nachhinein aus medizinischer Perspektive zu erklären.

00:03:42: Ja genau, das funktioniert eigentlich ganz gut.

00:03:44: Also zum Beispiel passen die Symptome von den Leuten, die angeblich vom Vampir belästigt wurden und dann bald gestorben sind, zu einer Infektion mit dem Milzbranderreger, also einem Bakterium.

00:03:56: Und vermutlich haben die Betroffenen das Fleisch von infizierten Tieren gegessen und waren daraufhin im Fieberdelirium und haben von der gruseligen Erscheinung geträumt.

00:04:07: Dazu passen auch die Schmerzen im Bauch und in der Brust, von denen sie erzählt haben, als hätte der Vampir ihnen die Luft abgedrückt.

00:04:14: Und es kann zum Beispiel im Halsbereich zu Flecken kommen, die einen Blutergisse erinnern.

00:04:19: Das wird übrigens auch in einer der ersten Episoden des Podcasts Klenk und Reiter erklärt.

00:04:24: Auch die Beobachtungen am vermeintlichen Vampir kann man erklären, dass angebliche Blut, das dem Toten aus dem Mund geflossen ist, war wahrscheinlich einfach die dunkle Körperflüssigkeit, die sich nach dem Tod einfach bildet, weil sich die inneren Organe zersetzen.

00:04:39: Und die neue frische Haut unter der Alten war die sogenannte Lederhaut, die sich eben unter unserer Oberhaut befindet.

00:04:47: Also wenn sich die Oberhaut bei Toten ablöst, Dann kann man die Lederhaut darunter erkennen und die schaut dann glatt und rosa aus.

00:04:53: Die ist nicht neu, die ist immer da.

00:04:54: Genau,

00:04:55: die ist

00:04:55: bei

00:04:55: allen.

00:04:55: Die

00:04:55: kommt halt erst um vorschäfen.

00:04:58: Im Bericht heißt es aber auch, der Leib, das Totensei, so beschaffen gewesen, dass er, Zitat, in seinen Lebzeiten nicht hätte vollkommen sein können.

00:05:08: Also das lässt sich vielleicht nicht so gut erklären, aber... ist wahrscheinlich auch Geschmackssache.

00:05:12: und der Beamte, der da zugegen war, hatte ja auch nicht den Vergleich mit dem lebendigen Peter Blagojevic.

00:05:18: Also wer weiß, vielleicht fand er ihn überraschend attraktiv.

00:05:22: Ja, die Geschichte dieses toten Bauern zeigt jedenfalls, der Vampirglaube entstand nicht aus der Fantasie von Romanautoren oder aus der Grusel-Literatur.

00:05:32: Er war zunächst ein ganz reales Angstphänomen.

00:05:35: Und er stammt anders als oft vermutet nicht aus Transilvanien.

00:05:39: Viele Menschen verbinden ja Vampire instinktiv mit den Kapaten, mit Dracula, mit düsteren Schlössern.

00:05:45: Doch das ist ein eigentlich viel späteres literarisches Bild.

00:05:49: Historisch betrachtet liegt die Wiege des Vampirs am Westbalkan, genauer gesagt in Serbien.

00:05:55: Wie es zu dem Begriff Vampir kommt, ist nicht ganz geklärt.

00:05:59: Es könnte sein, dass es von den österreichischen Ärzten und Militärs vor Ort ein Missverständnis war, Vielleicht hängt der Begriff mit einem Wort aus dem türkischen oder slavischen zusammen.

00:06:10: Da gab es zum Beispiel dämonische Gestalten, die unter der Bezeichnung Upir gefürchtet waren.

00:06:16: Ähnliche Begriffe können aber auch einfach nur für schlechte Menschen stehen.

00:06:20: Die Beamten aus Österreich kommen jedenfalls in dem Grenzgebiet des Habsburger Reiches auch mit Gebräuchen in Berührung, die sie nicht verstehen.

00:06:29: Und sie dürften die lokale Bevölkerung eigentlich auch als rückständig und abergläubisch eingeschätzt haben.

00:06:35: Also, da ist schon irgendwie eine Distanz aus der heraus, die da vielleicht vorsichtig waren.

00:06:40: Aber interessanterweise lassen sie sich in diesem Fall überzeugen, eben auch unter der Mitwirkung der Bevölkerung, die da so stark in Panik ist.

00:06:49: Und das beschreibt der österreichische Kulturwissenschafter Clemens Rudner vom Trinity College in Dublin, mit dem wir gesprochen haben und der sich eingehend mit der Geschichte des Vampirs befasst hat.

00:07:01: Wir haben eine Situation, die eigentlich gut ... mit einer kolonialen Situation zu vergleichen ist.

00:07:07: Wir haben ein kulturelles Gefälle zwischen diesen habsburgischen Invasoren und der serbischen Zivilbevölkerung.

00:07:17: Es gibt Religionsunterschiede.

00:07:19: Die habsburgische Armee ist natürlich vor allem katholisch geprägt.

00:07:23: Die serbische Landbevölkerung ist eben orthodox, war lange Zeit nicht in einem Kontakt mit anderen Europäern ausgesetzt.

00:07:32: Und es gibt schon gegenseitiges Misstrauen, es gibt so eine typische Besatzungssituation und Nachkriegssituation, wahrscheinlich mit Lebensmittelknappheit, wie gesagt fremden Truppen, die vor Ort stationiert sind und wahrscheinlich eben auch Seuchen, also wie das sehr typisch ist für den Ratenschwanz, den jeder Krieg so nach sich zieht.

00:07:57: Also ich werte den Vampir als ein kulturelles Missverständnis.

00:08:01: in einer quasi kolonialen Situation, wo die einen sozusagen die anderen nicht richtig verstehen.

00:08:07: Das passiert häufig, auch später im Kolonialismus, zum Beispiel zwischen britischen Truppen und afrikanischen Menschen.

00:08:15: Aber das ist für mich die geläufigste Erklärung.

00:08:19: Und wenn man das alles wegtut, ist der Vampir nichts anderes als der gute alte europäische Wiedergänger, den es zum Beispiel schon im Mittelalter in Nordeuropa gibt, die es auch in Pestzeiten in Zentraleuropa gibt.

00:08:34: Also der Glaube an einen körperlich wiederkehrenden Toten, der sich weigertot zu sein und dann eben für allerlei Probleme sorgt.

00:08:44: Ganz neu ist das Phänomen also nicht.

00:08:46: Entsprechende Erzählungen sind wesentlich älter.

00:08:49: Man erzählte sich auch in Schlesien über wiederkehrende Tote und ein paar Jahre vor dem Fall in Serbien gab es anscheinend schon Berichte über Blutsauger aus Griechenland.

00:08:59: Trotzdem ist die Kauser Peter Blagojevic eine Art Meilenstein, weil sie durch den Artikel im Wiener Diarium in weiten Teilen Europas bekannt wird.

00:09:10: Bald ereigneten sich weitere ähnliche Fälle in der Gegend, über die berichtet wurde, wieder starben Menschen plötzlich, wieder öffnete man Gräber und wieder glaubte man, man habe Vampire gefunden.

00:09:22: Dieses Mal schickte Wien sogar eine Militärkommission samt Ärzten, um die Vorfälle zu untersuchen.

00:09:28: Man könnte meinen, mit so einer offiziellen Untersuchungskommission endet die Legende.

00:09:32: Wissenschaft und Vernunft würden den Spuk wohl aufklären.

00:09:35: Tatsächlich passierte aber eigentlich das Gegenteil.

00:09:38: Die Berichte der Habsburger Ärzte fahrten so richtig erst, dass Vampirfieber an, machten die Fälle richtig berühmt und in ganz Europa entbrannte die Debatte, gibt es Vampire wirklich?

00:09:57: Als sich die Vampirberichte von Serbien aus im Habsburger Reich verbreiteten, wurde bald auch die Verwaltung in Wien nervös, dass Vampirfieber erfasst die gewissermaßen auch die Behörden einer der mächtigsten Monarchien Europas.

00:10:10: In Wien nahmen die Berichte ernst, sehr ernst sogar, denn im Kern ging es dabei um viel mehr als um Dorfmythologie.

00:10:18: Überall, wo angeblich Vampire auftauchten, gerieten die Gemeinschaften in ziemliche Unruhe.

00:10:24: Die Menschen gerieten in Panik, öffneten Gräber, zerstörten Leichen, verbrannten Körperteile, führten diverse Rituale durch, um diese untoten Schädlinge aufzuhalten.

00:10:34: Und das war aus Sicht des Staates nicht... direkt gewünscht.

00:10:39: Also die Gefahr für soziale Instabilität hat man sehr ernst genommen.

00:10:43: in Wien und dazu kam natürlich auch aus Sicht der Kirche war all das Blasphemie.

00:10:48: Also griff Wien eben ein und schickte diese Kommission, die die Vorfälle eigentlich aufklären sollte und zur Beruhigung beitragen sollte.

00:10:57: Genau.

00:10:57: Die Berichte der Kommission gehören heute zu den berühmtesten Dokumenten der Vampirgeschichte.

00:11:02: Einer davon, die sogenannte Flückingerakte, beschreibt detailliert, wie man Gräber öffnete und Leichen untersuchte und dabei fand man Hochverdächtiges, angeblich unverwieste Körper, die wir schon gehört haben, die sogar völliger waren als zu Lebzeiten, die rosige Haut und frisches Blut im Mund der Toten.

00:11:23: Für viele Anwesenden und Leserinnen der Berichte waren das erst Rechtzeichen von Vampirismus.

00:11:29: Aber was wie ein Spuk klingt, entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als Mischung aus medizinischer Unkenntnis und kulturellem Missverständnis.

00:11:37: Es hat uns auch Clemens Rutmer gesagt.

00:11:40: Also die Ärzte, so fall wie fall von Peter Plagojevic sehen beunruhigende Zeichen eines angeblichen untoten Lebens.

00:11:49: Also bei diesem Peter Plagojevic, der Leichnam sieht nicht blass aus, sondern hat so eine gesunde Farbe.

00:11:58: Ist ein bisschen aufgetonsen, sieht sehr lebendig aus.

00:12:01: Blut kommt aus den Körperöffnungen.

00:12:04: Und am schlimmsten, das wird eben, heißt es, ein Bericht am Schluss.

00:12:09: dass nämlich wilde Zeichen vorliegen.

00:12:12: Also der Tote hatte offenkundig eine Erektion.

00:12:16: Gerichtsmediziner werden Ihnen sagen, dass das bei männlichen Leichen völlig normal ist.

00:12:21: Also nichts von dem, was beschrieben wird, deutet auf ein übernatürliches Leben hin, sondern das sind ganz normale Verwesungssymptome, die gleichen Gase machen, dass der Körper aufgebläht ist und eben alle möglichen Zeichen von sich gibt und dass eben Blut aus den Körperöffnungen tritt.

00:12:38: Was aus heutiger Sicht nachvollziehbar klingt, war für die Medizin des achtzehnten Jahrhunderts noch weitgehend unbekannt.

00:12:44: Forensische Pathologie steckte in den Kinderschuhen.

00:12:47: Man wusste kaum etwas über den Verwesungsprozess und hatte kein Verständnis für bakterielle Infektionen.

00:12:54: Dass man also glaubte, tote Würden weiterleben, war keine Dummheit, sondern ein Erklärungsversuch von unzureichend ausgerüsteten und ausgebildeten Ärzten.

00:13:05: Eine Hypothese.

00:13:06: die man durchaus ernsthaft erwägen konnte.

00:13:09: Das sieht heute natürlich anders aus.

00:13:11: Milzbrand, haben wir schon erwähnt, wäre eine plausible Erklärung für manche der rätselhaften und plötzlichen Todesfälle, die so kurz nacheinander aufgetreten sind, wie zum Beispiel in diesem Dorf, das wir anfangs erwähnt haben.

00:13:23: Und dazu kam dann natürlich auch die soziale Komponente.

00:13:27: Nicht nur Säuchen, sondern auch Angst ist ansteckend.

00:13:30: Je mehr Menschen davon überzeugt sind, dass etwas nicht mit rechten Dingen geht, desto realer wirkt diese Vorstellung auch auf alle anderen.

00:13:38: Der Kaiserin Maria Theresia wurde die Aufregung rund um die Blutzauger jedenfalls langsam zu bunt und zu gefährlich.

00:13:44: Ihr Leibarzt, der große Reformer Herrart von Swieten, untersuchte Mitte des achtzenten Jahrhunderts selbst angebliche Fälle von Vampirismus.

00:13:53: Und kam bereits zu dem Schluss, dass es sich dabei wohl um eine solche handelt, die mit Fieber einhergeht.

00:13:59: Sein Bericht fiel ganz anders aus als der der vorher erwähnten Kommission, zwanzig Jahre davor.

00:14:05: Es gibt keine Vampire, nur medizinisch missverstandene Todesfälle.

00:14:10: Maria Theresia verbot, siebzehnhundertfünfundfünfzig, die sich offiziell alle Vampir praktiken.

00:14:16: Keine Grieberöffnungen mehr, keine Pfälungen, keine leichen Verbrennungen.

00:14:21: All das stand nun unter Strafe.

00:14:23: Und auch die Zeitungsberichte und gedruckten anderen Berichte über Vampirismus fielen unter die Zensur.

00:14:29: Doch auch wenn die Obrigkeit Vampire nun gesetzlich verbannte, aus den Köpfen der Menschen verschwanden sie nicht, im Gegenteil, jetzt wurden sie erst richtig unsterblich.

00:14:49: Nach dem Vampirverbot verschwanden die Blutsauger aus den Berichten der Behörden und aus den Zeitungen.

00:14:56: In gewisser Weise setzten sie ihr Dasein aber anderswo fort.

00:15:00: In der Literatur.

00:15:01: Dabei hat sich der Vampir sozusagen verwandelt.

00:15:03: Vom Objekt des Volksglaubens zum Objekt kultureller Bedeutung.

00:15:08: Es ging nicht mehr nur um den Untoten auf dem Friedhof, sondern um ein Symbol für Unerforschtes und für Unsichtbares.

00:15:16: Der literarische Vampir taucht schon recht früh zum ersten Mal auf.

00:15:20: Auf Deutsch nämlich in den letzten Jahren.

00:15:23: Im Gedicht der Vampir von Heinrich August Oßenfelder.

00:15:27: Und hier passiert auch schon zum ersten Mal etwas, was sich bis heute in unser Bild von Vampiren einfügt.

00:15:34: Der Untode ist kein serbischer Bauer, sondern ein düsteres irgendwie verführerisches Wesen, verknüpft mit sexualisierter Gewalt.

00:15:42: In Ostenfeld das Gedicht bedrängt der Vampir eine junge Frau und trinkt ihr Blut, weil sie ihn abweist.

00:15:48: Als dann ein paar Jahrzehnte später die Romantik die Vampire für sich entdeckt, beginnen die Vampire kulturell so richtig.

00:15:56: sich zu entfalten.

00:15:57: Sie standen genau für das, was die Romantik ausmachte.

00:16:00: Etwas mystisches zwischen Vernunft und Verboten.

00:16:04: Und von da an erlebt der Vampir eine steile Karriere in der Weltliteratur, wie sie nur wenig andere hingelegt haben.

00:16:11: Schon sehr bald tauchen Vampire in England auf, in Frankreich, in Russland.

00:16:16: Die Figur wandelt sich immer stärker, sie wird immer aristokratischer, kultivierter, intelligenter, schöner und gefährlicher.

00:16:24: In den frühen Vampirgeschichten schwingt schon alles mit, was ihn auch heute noch stark macht.

00:16:30: Macht und Verführung, Faszination und Angst, Leben und Tod, wir nähern uns schon Dracula.

00:16:37: Auch die vielleicht wichtigste literarische Stufe vor Dracula stammt aus Irland.

00:16:42: Und sie hat auch mit Österreich zu tun.

00:16:53: die auf einem einsamen Schloss in der Steiermark ihr Unwesen treibt.

00:16:58: Sie verführt nicht Männer, sondern Frauen.

00:17:00: Es ist eine Geschichte über lesbische Liebe, Begehren, Körperlichkeit und Tabu, Jahrzehnte, bevor Bram Stoker Dracula schreibt.

00:17:09: Shared Elefeno ist eben ein ganz toller, victorianischer Autor.

00:17:15: In dem Sinne, dass eben die viktorianische Literatur entdeckt die Fantastik als eine Möglichkeit, tabuisierte Themen, Psychologie, Sexualität und so weiter auszudrücken.

00:17:28: und eben... Scherdelefinio macht eben seine Vampirin Camilla eine Geschichte der verbotenen Liebe zweier Frauen.

00:17:37: Ja, das begehren einer Frau, die sozusagen versucht, eine brave andere Frau vom Weg abzubringern, vom heteronormativen Weg abzubringern.

00:17:46: Und eben, es sind Männer, die sich dem in den Weg stellen und dann eben sozusagen die Geschlechterordnungen wieder herstellen.

00:17:59: Dracula, wie der wohl berühmteste Vampir aller Zeiten von seinem irischen Schöpfer Bram Stoker genannt wird.

00:18:05: Sein Name steht für den Vampir schlechthin, den aristokratischen Blutsauger aus Transsilvanien, der in einem verfallenen Schloss lebt und alle möglichen übernatürlichen Kräfte besitzt.

00:18:17: Für diese literarische Figur hat sich Stoker von einem realen Vorbild inspirieren lassen.

00:18:22: Es ist ein valachischer Fürst aus dem fünften Jahrhundert, von dem sich Stoker manches leidt.

00:18:28: Auch den Namen Vlad Draculia III.

00:18:31: auch genannt Vlad Cepesh, der Pfähler.

00:18:35: Schon sein Vater Vlad II.

00:18:37: trug dem Beinamen Dracul, der Drache, abgeleitet vom Drachenorten Kaiser Sismons.

00:18:43: Vlad III.

00:18:44: selbst wurde dann Draculia genannt, also Sohn des Drachen.

00:18:49: Er war ein Kriegsherr, der gegen die vordringenden Osmanen kämpfte und seine Macht mit brutaler Härte festigte.

00:18:55: Seine Grausamkeit machte ihm berüchtigt.

00:18:57: Er soll eine Vorliebe für Hinrichtungen durch Pfälung gehabt haben, daher auch sein hübscher Beinnahme.

00:19:03: Für Stoker war das ein gutes Vorbild, ein berüchtigter Herrscher, der Macht, Blut, Tod und Geschichte in sich vereint.

00:19:11: Es wird aber auch über andere historische Vorbilder gemunkelt.

00:19:15: Im Roman kommt ja auch der Vampirjäger von Helsing vor, ein niederländischer Arzt und den Namen hat er womöglich von einer Figur aus Camilla namens Dr.

00:19:25: Heselius.

00:19:26: Aber es gibt auch die Theorie, dass Franz Witten hier eine heimliche Rolle gespielt hat, also der niederländische Leibarzt von Maria Theresia, den wir vorhin schon erwähnt haben, der sich auch mit vermeintlichen Vampirismusfällen befasst hat.

00:19:39: Rudner glaubt aber nicht, dass es da einen Zusammenhang gibt.

00:19:43: Ich bin dieser Theorie nicht sonderlich zu geneigt, weil eben Bram Stoker viel weniger über die Geschichte des Vampirismus gewusst hat als wir und sich vor allem nicht für deutschsprachige Quellen interessiert hat.

00:19:56: Vielleicht hat er dann irgendwie von dem Van Helsing erfahren, aber Bram Stoker wusste Dinge eigentlich nur vom Hörnsagen.

00:20:02: Er ist kein Autor, der wirklich recherchiert hat.

00:20:05: Und er war eher ein literarischer Recycler, der die ganze englische Vampir-Literatur von Bolidori bis La Fagno eben sozusagen wiedergekreuert hat und dann seine wichtige Rolle ist vielleicht, dass er das, ich nenne das immer, das moderne literarische Vampir-Narrativ in die letztgültige Version gebracht hat, die sich dann auch zu einer popularen Mütte entwickelt hat.

00:20:31: Weil eben, wenn wir heute eine Vampir denken, denken wir in die literarische Figur, wir denken nicht an den untroten serbischen Bauern.

00:20:39: Und so wurde aus den bisherigen Vampir-Geschichten gemixt mit dem valachischen Fürsten Vlad Trakulia, Vlad Cepesh, ein transsilvanischer Vampir-Graf, der nun im angehenden neunzehnten Jahrhundert als ziemlich große Projektionsfläche herhalten muss.

00:20:55: Dracula ist nicht nur eine Horrorgeschichte, sondern auch ein politisches Narrativ.

00:21:00: Der Osten Europas wird darin als gefährlich, fremd, mysteriös stilisiert.

00:21:05: Ein Ort, an dem alte Kräfte lauern.

00:21:08: Stoker verpackt darin auch die Ängste seiner Zeit, vor dem Zerfall des britischen Empire, vor Migration, Krankheit und vor sexueller Freiheit.

00:21:17: Was docker drin auch verhandelt, ist das Zusammentreffen von Wissenschaft und Aberglaube.

00:21:23: Der Vampir wird in seinem Roman von Ärzten, Forschern und Rationalisten bekämpft.

00:21:28: Allerdings sieht er am Ende nicht allein das Wissen, die Aufklärung, sondern gewissermaßen auch der Glaube, die Freundschaft und der Mut.

00:21:37: Der Vampir wird besiegt, aber nie ausgelöscht.

00:21:40: Seitdem ist Dracula eine Projektionsfläche geblieben.

00:21:43: Mal Symbol für politische Unterdrückung, mal für erotische Befreiung, mal für das Unheimliche in uns selbst.

00:21:49: Und das erklärt vielleicht auch, warum Dracula nach über hundertundzwanzig Jahren noch immer weiterlebt.

00:21:55: Und warum das Vampirfieber alle paar Jahre wieder ausbricht und die Blutsauger über die Kinoline waren flattern oder Bestseller bescheren.

00:22:04: oder sich sogar im Standard-Podcast einschleichen.

00:22:07: Für heute sagen wir Danke fürs Zuhören.

00:22:10: Und wir freuen uns, wenn ihr beim nächsten Mal wieder dabei seid bei Rätsel der Wissenschaft.

00:22:14: Jeden zweiten Mittwoch überall, wo es Podcasts gibt.

00:22:17: Ich bin David Renard.

00:22:18: Und ich bin Julia Sieker.

00:22:20: Diese Folge wurde von Christoph Neu wird produziert.

00:22:23: Bis zum nächsten Mal.

00:22:24: Bis dann.

00:22:25: Vampire ist ein supernatual Being.

00:22:28: Sie reisen aus dem Tod und hauen den Leben.

00:22:31: Sie können eine Form von einem Bat Feesten auf die Blut und Flasche von ihren Verwaltungen und die Immortalität von ihren Verwaltungen und der Blut von den Vampirern.